Dr. Stephan Scheuren (Foto: privat)
Bei der Kornernte sollen Mähdrescher möglichst ununterbrochen arbeiten. Da ihr Kornspeicher aber irgendwann voll ist, müssen sie das geerntete Korn auf ein Hilfsfahrzeug überladen – am besten in voller Fahrt, während sie weiter ernten. Dies funktioniert in der Praxis nicht immer: Zuweilen muss der Mähdrescher mit vollem Korntank auf das Überladefahrzeug warten. Die Koordination zwischen Überladefahrzeug und Mähdrescher oder sogar mehreren Mähdreschern ist komplex, da viele verschiedene Komponenten hineinspielen: Die Fahrzeuge dürfen sich nicht behindern, das Hilfsfahrzeug muss immer auf einer schon freigeschnittenen Spur neben dem Mähdrescher fahren, der Kornertrag auf einer Bahn ist vor dem Ernten nicht genau bekannt, und eine Kommunikation zwischen den Fahrern ist nicht immer möglich.
In seiner Dissertation hat Stephan Scheuren diese Problematik theoretisch analysiert und eine Software programmiert, die für eine beliebige Feldform und Fahrspuranordnung auf dem Feld die Routen der beteiligten Fahrzeuge plant und Strecken für den Überladevorgang abschätzt. Diese Schätzung muss bei der Ernte angepasst werden, wenn der reale Kornertrag gegenüber der Vorab-Schätzung schwankt. Für diese Planung wird die Kinematik und Dynamik der Fahrzeuge modelliert – etwa ihre maximalen Lenkeinschläge und Beschleunigungen – damit die Routen tatsächlich wie geplant abgefahren werden können. Perspektivisch ermöglicht diese Modellierung das fahrerlose Arbeiten der Fahrzeuge. Die programmierte Software ist aber zunächst für die Fahrerassistenz bestimmt.
Stephan Scheurens Dissertation entstand im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Forschungsprojekts marion („Mobile autonome, kooperative Roboter in komplexen Wertschöpfungsketten“, Laufzeit 08/2010 - 11/2013), an dem er für das DFKI-Robotics Innovation Center an der Außenstelle Osnabrück mitgearbeitet hat. Projektpartner aus dem Bereich Landmaschinen war die Firma CLAAS, mit der das DFKI auch nach Ende des Projekts marion zu dem Thema weiter kooperiert. Prof. Dr. Joachim Hertzberg, Betreuer der Dissertation und Leiter der RIC-Außenstelle Osnabrück: »Die Arbeit von Stephan Scheuren ist ein Beispiel dafür, dass bei der Lösung ganz praktischer Anforderungen tief liegende theoretische und konzeptuelle Probleme auftauchen, über die man dann mit Talent, Kreativität und Fleiß hervorragende wissenschaftliche Ergebnisse erzielen kann. Die Auszeichnung der Arbeit durch die GIL ehrt über die konkrete Dissertation hinaus auch die Forschung zur Agrarrobotik, die wir am DFKI und an der Uni in Osnabrück betreiben.«
Kontakt:
Prof. Dr. Joachim Hertzberg
Universität OsnabrückInstitut für Informatik
Albrechtstr. 28, 49076 Osnabrück
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joachim.hertzberg[at]uni-osnabrueck.de
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