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Intelligente Lösungen für zukunftsweisende Weltraumroboter – DFKI präsentiert aktuelle Forschung auf der 14. EASN International Conference

Roboter, die steile Mondkrater überwinden und raue Marslandschaften durchqueren, um komplexe Weltraummissionen zu erfüllen – an dieser Vision arbeiten Forschende des DFKI Robotics Innovation Center in Bremen. Auf der 14. EASN (European Aeronautics Science Network) International Conference, die vom 8. bis 11. Oktober 2024 in Thessaloniki, Griechenland, unter dem Motto ‚Innovation in Aviation & Space towards Sustainability Today & Tomorrow‘ stattfindet, präsentieren sie ihre aktuellen Forschungsarbeiten.

Die Kooperation mehrerer Roboter zur Bewältigung komplexer Missionen ist ein zentrales Forschungsthema der Weltraumrobotik am DFKI. (Foto: DFKI, Meltem Fischer)

Ziel der Weltraumrobotik-Forschung am DFKI ist die Entwicklung robuster und leistungsfähiger Roboter, die mit innovativen Technologien und Künstlicher Intelligenz anspruchsvolles Terrain meistern und komplexe Aufgaben bewältigen. Anstelle der üblicherweise hochspezialisierten, aufgabenspezifischen Systeme werden flexible und rekonfigurierbare Lösungen entwickelt. Dies soll nicht nur den Entwicklungsaufwand reduzieren, sondern auch die Raumfahrt effizienter und nachhaltiger gestalten. Auf der 14. EASN International Conference, eine der zentralen Veranstaltungen für die europäische Luft- und Raumfahrt-Community, präsentiert das Robotics Innovation Center fünf aktuelle Paper zu verschiedenen Herausforderungen in der Weltraumrobotik. Zusätzlich wird das DFKI durch Prof. Dr. Udo Frese, der eine Keynote zum Thema ‚AI-based Robotics: A Key Technology for Space Applications‘ hält, und durch Wiebke Brinkmann, die die Session ‚The Way of Future Orbital and Planetary Robotics‘ moderiert, vertreten.

Zu den Forschungsarbeiten, die auf der Konferenz vorgestellt werden, gehört der Beitrag „Prediction-Based Tip Over Prevention for Planetary Exploration Rovers“. Darin wird ein System vorgestellt, das das Umkippen von Rovern bei Weltraummissionen verhindert, indem es mithilfe von Sensoren und Künstlicher Intelligenz die Stabilität des Roboters in unebenem Gelände überwacht und rechtzeitig auf potenzielle Gefahren reagiert. Das Paper „Development of a quasi-direct drive motor for walking robots in extraterrestrial environments” beschreibt die Entwicklung und Erprobung von quasi-direkten Antriebsmotoren, einer speziellen Art von Elektromotoren, die Eigenschaften von Direktantrieben und konventionellen Motoren kombinieren, um Vorteile in Bezug auf Effizienz und Leistungsdichte zu bieten. Diese Motoren wurden von den Forschenden für den Einsatz in Weltraumrobotern optimiert, die extremen Bedingungen standhalten müssen. 

Der Beitrag “Enhancing heterogeneous multi- robot teaming for planetary exploration” befasst sich mit der Verbesserung der Zusammenarbeit von Multi-Robotersystemen bei Weltraummissionen. Durch die Integration von Softwarelösungen wird die Leistung solcher Roboterteams optimiert, um effizientere und erfolgreichere Missionen zu ermöglichen. Schließlich beschreibt das Paper „Towards sustainable space exploration: Designing an AI-powered modular toolbox for future planetary exploration“ den Aufbau eines modularen Baukastensystems für Weltraumroboter. Diese flexible Sammlung von Hardware- und Softwarekomponenten kann an verschiedene Missionsanforderungen angepasst werden und ermöglicht terrestrische Anwendungen, z.B. in der Landwirtschaft. Zusammen eröffnen die vorgestellten Arbeiten neue Ansätze, um Weltraumroboter sowohl im Weltraum als auch auf der Erde sicherer, effizienter und anpassungsfähiger zu gestalten.

Die Paper im Detail:

Titel: Prediction-Based Tip Over Prevention for Planetary Exploration Rovers
Autoren: Siddhant Shete, Raúl Domínguez, Ravisankar Selvaraju, Jayanth Somashekaraiah, Amrita Suresh

In diesem Paper wird ein neuartiges, prognosebasiertes System vorgestellt, das das Umkippen von planetaren Erkundungsfahrzeugen (Rover) verhindern und damit deren Betriebssicherheit und Zuverlässigkeit erhöhen soll. Die Rover müssen sich in unebenem Gelände bewegen, dessen Eigenschaften oft schwer vorhersehbar sind. Zukünftige Rover werden in noch anspruchsvolleren Umgebungen wie steilen Kratern oder Höhlen eingesetzt, um wertvolle wissenschaftliche Daten zu sammeln. Dies erhöht das Risiko, dass die Rover umkippen, insbesondere bei unbemannten Missionen.

Das vorgeschlagene System verwendet Sensoren, die die Beschleunigung und Drehgeschwindigkeit des Rovers messen, um seine Stabilität zu überwachen. Mit Hilfe von Deep-Learning-Algorithmen werden in Echtzeit Vorhersagen über die Stabilität des Rovers getroffen. Wenn diese Vorhersagen darauf hindeuten, dass ein Umkippen droht, kann das System rechtzeitig reagieren und die Bewegung des Rovers anpassen, um ein Umkippen zu verhindern.

Das System wurde durch Simulationen und Tests validiert und hat gezeigt, dass es das Risiko eines Umkippens unter verschiedenen schwierigen Bedingungen deutlich reduzieren kann. Ziel ist es, die Lebensdauer der Rover zu verlängern, die Missionsergebnisse zu optimieren und die Sicherheit bei planetaren Erkundungsmissionen zu erhöhen.

Titel: Development of a quasi-direct drive motor for walking robots in extraterrestrial environments
Autoren: Jonas Eisenmenger, Zhongqian Zhao, Sven Kroffke, Frank Kirchner

Der Beitrag beschreibt die Entwicklung und Erprobung von quasi-direkten Antriebsmotoren für den Einsatz in Weltraumrobotern, insbesondere in Laufrobotern. Diese Motoren bieten durch ihre hohe Bewegungsdynamik Vorteile, die es Robotern ermöglichen könnten, schwierigstes Terrain zu überwinden, an dem herkömmliche Rover scheitern würden. Obwohl solche Motoren bereits in terrestrischen Anwendungen eingesetzt werden, ist ihr Einsatz im Weltraum noch ein relativ neues Feld, das besondere Herausforderungen mit sich bringt. Die Motoren müssen extremen Umweltbedingungen und den Belastungen eines Raketenstarts standhalten.

Im Projekt Modkom (Modulare Komponenten als Bausteine für anwendungsspezifisch konfigurierbare Weltraumroboter) wurden zwei Prototypen von quasi-direkten Antriebsmotoren entwickelt. Diese wurden mit verschiedenen Motor-Getriebe-Kombinationen, einem „In-Runner“ und einem „Out-Runner“, getestet, um ihre Leistung unter verschiedenen Bedingungen zu vergleichen. Dazu gehörten Tests auf einem Motorprüfstand, in einer Klimakammer (um das Verhalten unter extremen Temperaturbedingungen zu untersuchen) und Vibrationstests (um die Belastungen während eines Raketenstarts zu simulieren).

Die gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Konstruktion einer Endversion ein, die aus weltraumtauglichen Komponenten besteht und in einem Reinraum montiert wird. Diese Endversion wird dann umfangreichen Umwelttests unterzogen, um ihre Weltraumtauglichkeit zu gewährleisten.Zusätzlich zu den Motoren wurde auch eine passende Motorsteuerungselektronik entwickelt, die ebenfalls getestet und optimiert wird, um schließlich in die abschließenden Umweltprüfungen integriert zu werden.

Titel: Enhancing heterogeneous multi- robot teaming for planetary exploration
Autoren: Amrita Suresh, Leon C. Danter, Wiebke Brinkmann

Das Paper befasst sich mit der Entwicklung von Multi-Roboter-Systemen (MRS) für zukünftige Weltraummissionen, bei denen mehrere Roboter gemeinsam Aufgaben auf fremden Planeten erfüllen sollen. Bei bisherigen Weltraummissionen wurden meist nur ein oder zwei Roboter eingesetzt, die teilweise ferngesteuert wurden. Für effektivere und umfassendere wissenschaftliche Erkundungen sollen in Zukunft jedoch Teams aus mehreren Robotern eingesetzt werden, die autonom arbeiten und unterschiedliche Fähigkeiten besitzen.

Das Paper betont die Notwendigkeit, sowohl Software- als auch Hardware-Aspekte zu berücksichtigen, um die Leistungsfähigkeit solcher Roboterteams zu optimieren. Dabei spielen Faktoren wie die Gesamtzeit, der Energieverbrauch, das Feedback zur Aufgabenerfüllung und mögliche Schäden eine Rolle. Da planetare Explorationsmissionen häufig unter Zeit-, Kommunikations- und Energiebeschränkungen stehen und zudem mit unzuverlässigen Sensordaten (z.B. durch Staub verzerrte Kamerabilder) und Hardwareverschleiß konfrontiert sind, müssen diese Herausforderungen bei der Entwicklung von Softwarelösungen berücksichtigt werden.

In dem Beitrag wird die Entwicklung eines Software-Frameworks vorgestellt, das die zuverlässige Ausführung von Aufgaben in solchen herausfordernden und dynamischen Umgebungen ermöglicht. Dabei konzentriert sich die Arbeit auf zwei Hauptaspekte: Erstens die Integration von Hardwareparametern in den Aushandlungsprozess der Aufgabenverteilung und zweitens die Analyse, wie die Integration von Teamleistungsmetriken, insbesondere Anpassungsfähigkeit und gegenseitige Unterstützung, zum Erfolg der Mission beiträgt.

Titel: Towards sustainable space exploration: Designing an AI-powered modular toolbox for future planetary exploration
Autoren: Wiebke Brinkmann, Moritz Schilling, Jonas Eisenmenger, Jonas Benz, Jieying Li, Hilmi Dogu Kücüker, Mehmed Yüksel, Zhongqian Zhao, Priyanka Chowdhury, Heiner Peters, Frank Kirchner

Der Beitrag beschreibt das Projekt MODKOM, dessen Ziel es ist, modulare Komponenten für Weltraumroboter zu entwickeln. Diese Module sollen flexibel an unterschiedliche Anforderungen angepasst werden können, um individuelle Lösungen für Weltraummissionen zu ermöglichen. Das Projekt wird einen „Werkzeugkasten“ aus wiederverwendbaren Hardware- und Softwarekomponenten schaffen. Ein Beispiel für eine solche Komponente ist der „DFKI-X2D“, ein Motor, der speziell für den Einsatz in zukünftigen Weltraumrobotern entwickelt wurde.

Die „Toolbox“ enthält auch Ansätze zum autonomen Andocken von Robotern und zur Exploration von Terrains. Eine semantische Graphdatenbank bildet die Grundlage für die Planung und Steuerung von Missionen auf Basis dieser modularen Komponenten.

Die im Projekt MODKOM entwickelten Module können auch für Anwendungen auf der Erde genutzt werden. Ein Beispiel für eine solche Anwendung ist das Projekt „RoLand“ aus dem Bereich der Agrarrobotik. Hier wurde das Basismodul mit flexiblen elektrischen Fächern erfolgreich für den Bau eines landwirtschaftlichen Roboters namens „SHIVAA“ eingesetzt.
 

Kontakt: 

Dr. Wiebke Brinkmann

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zuletzt geändert am 07.11.2024